Fernsehfriedhof

Der Fernsehfriedhof: Fauler Zauber

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Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 267: Eine dreist kopierte Sitcom, die sich vom Hoffnungsträger zur Archivleiche wandelte.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir eines Beweises dafür, dass sich ein anfänglicher Erfolg schnell ins Gegenteil umkehren kann.

«Bernds Hexe» wurde am 19. April 2002 bei RTL geboren und entstand zu einer Zeit, als der Sender mit seinem humoristischen Wochenrückblick «7 Tage, 7 Köpfe» noch immer gute Sehbeteiligungen am späten Freitagabend erzielen konnte. Das Stammensemble der Show erfreute sich einer großen Beliebtheit, was sich auch dadurch äußerte, dass nahezu jedes Mitglied im Laufe der Jahre zusätzlich eine eigene Serie oder Reihe erhielt. So stammelte sich Moderator Jochen Busse in «Das Amt» durch den deutschen Behördenwahn während Gaby Köster als Kassiererin in «Ritas Welt» durch einen fiktiven Supermarkt brüllte. Mike Krüger präsentierte derweil überaus erfolgreich in «Krüger sieht alles» witzige Clips aus dem internationalen Fernsehen. Weil diese Projekte allesamt sehr hohe Zuschauerzahlen erreichten, lag es nahe, auch für die übrigen Köpfe eigene Sendungen zu kreieren, sodass Bernd Stelter der nächste in der Runde war.

Innerhalb des Ensembles war er der unauffälligste Komiker, der oft bodenständige Geschichten aus seiner Ehe erzählte und dadurch den Spitznamen „Berniebärchen“ erhielt. Bekannt geworden war er zuvor insbesondere durch seine Auftritte auf rheinischen Karnevalsveranstaltungen. Diese Engagements brachten ihm im Sommer 1996 auch die Moderation der Samstagabendshow «Stimmung!» ein, die das angestaubte Image des Ersten Programms aufpolieren sollte, daran jedoch scheiterte. Kurz gesagt, Stelter war eher ein netter und konservativer Typ.

Dies sollte sich dann auch in seiner eigenen Serie widerspiegeln. Darin übernahm er nämlich die Rolle eines deutschen Durchschnittstypen, der mit seinem Sohn in einem Reihenhaus wohnte, als Bankangestellter arbeitete und sich regelmäßig mit seinen Eltern herumärgern musste. Weil diese Konstellation kaum für genügend komische Situationen sorgen konnte, erhielt er zusätzlich eine Ehefrau, die zaubern konnte. Allerdings beherrschte sie ihr Handwerk nicht richtig und sorgte dadurch regelmäßig für Chaos, woraus sich der eigentliche Witz ergeben sollte. Mal verwandelte sie Bernds überheblichen Chef versehentlich in einen Hund, mal besetzte sie die falsche Person mit ihrem Liebeszauber und mal verursachte sie einen unfreiwilligen Körpertausch.

Schnell wird klar, wie wenig innovativ die Autoren bei der Ausgestaltung der Drehbücher waren. Nicht nur, dass die Grundkonzeption stark an die legendären Klassiker «Bezaubernde Jeannie» oder «Verliebt in eine Hexe» erinnerte, sondern auch die Handlungen der einzelnen Episoden griffen sämtliche ausgelutschten Motive der Film- und Fernsehgeschichte auf. Dazu kamen die äußerst stereotypen Charaktere und ein allzu braver Humor.

Das RTL-Publikum schien sich daran anfangs kaum zu stören, denn die Auftaktepisode erreichte eine Reichweite von 6,58 Millionen Zuschauern und einen Marktanteil in der werberelevanten Zielgruppe von knapp 30 Prozent. Nicht unerheblich dürfte dafür der Ausstrahlungszeitpunkt innerhalb des Comeyblocks am Freitagabend um 21.45 Uhr gewesen sein, denn damit lief die Produktion nicht nur direkt im Vorlauf des Mutterformats «7 Tage, 7 Köpfe», sondern erhielt zudem auch jenen Slot, auf dem schon «Das Amt» und «Ritas Welt» punkten konnten. Obendrein wurde es mit der beliebten Serie «Nikola» gepaart.

Eine durchschnittliche Sehbeteiligung der ersten acht Folgen von 5,10 Millionen Menschen mündete zwangsläufig in einen Verlängerungsauftrag. Die Ausstrahlung der neuen Ausgaben war dann jedoch nicht mehr für den sicheren Programmplatz am Freitagabend vorgesehen. Vielmehr glaubten die Verantwortlichen so sehr an die Zugkraft der Serie, dass sie ihr eine besondere Aufgabe zusprachen. Weil man mittlerweile auf derart viele lustige Reihen zurückgreifen konnte, dass der Freitag dafür nicht mehr ausreichte, entschied man sich, einen zweiten Comedyabend etablieren zu wollen. Die Wahl fiel dabei auf den Mittwoch, weil der Sender kurz zuvor zudem die «Campions League»-Rechte abgebeben hatte und diesen Wochentag ohnehin mit einer neuen Farbe bespielen musste. Im erneuten Doppelpack mit «Nikola» oblag es nun Bernd Stelter diesen Sendeplatz ab Herbst 2003 aufzubauen.

Dort zeigte sich jedoch das wahre Potential der Produktion, denn mit nur noch dreieinhalb Millionen Zuschauern, hatten sich die Werte nahezu halbiert. Nach einigen Wochen zeigte RTL Erbarmen und verlegte die Serie wieder auf den Freitagabend und spendierte eine weitere Staffel. Diese kam jedoch im Herbst 2005 erneut nicht über eine Reichweite von dreieinhalb Millionen Zuschauern hinaus. Ursächlich könnte dafür auch der erhebliche personelle Umbau gewesen sein, denn gleich zwei Hauptfiguren, darunter auch die der zaubernden Ehefrau, wurden neu besetzt.

Obwohl dem einstigen Hit damit längst die Luft ausgegangen war, ließ man anschließend weitere Ausgaben herstellen, traute sich dann aber nicht mehr, diese auch zu zeigen. Letztlich wurden die finalen acht Episoden mit einer Verspätung von rund fünf Jahren glanzlos am Sonntagmorgen irgendwann zwischen 05.30 Uhr und 07.30 Uhr versendet. Rückwirkend betrachtet stellt die Serie damit einen zentralen Wendepunkt in der Historie von RTL dar, denn auch die nachfolgenden Formate «Kalle kocht» und «Nicht von dieser Welt», die ebenfalls mit Gesichtern von «7 Tage, 7 Köpfe» besetzt waren, gingen genauso gnadenlos beim Publikum unter und wurden vorzeitig aus dem Programm entfernt.

«Bernds Hexe» wurde letztlich am 10. April 2011 beerdigt und erreichte ein Alter von 39 Folgen. Die Serie hinterließ den Hauptdarsteller Bernd Stelter, der anschließend wieder ins öffentlich-rechtliche Fernsehen wechselte und derzeit das «NRW-Duell» im WDR präsentiert. Die Rolle seines Kumpels Udo hatte übrigens Oliver Polak verkörpert, der in der banalen Comedyshow «VIVA Family» begonnen hatte und sich mittlerweile zu einem angesehenen Stand-Up-Comedian entwickeln konnte. Indessen war «Bernds Hexe» nicht die einzige Sendung, die am neuen Comedymittwoch von RTL scheiterte, denn das gleiche Schicksal musste auch die Reihe «Krista» erleiden, die allerdings keine zweite Chance mehr bekam.

Möge die Serie in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann dem früheren Weihnachtsprogramm.

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